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Newsletter vom 03.05.2024

3. Mai 2024

VGH-Urteil stärkt unsere Position


Liebe Freundinnen und Freunde des Waldparks,


unsere Aussichten, Tausende Bäume auf dem Mannheimer Rheindamm zu retten, haben sich verbessert. Ein heute veröffentlichtes Gerichtsurteil zum Hochwasserschutz stärkt unsere Position.


Fehlgeleitetes Behördendenken

„Man muss Bediensteter einer Behörde sein, um auf die Idee zu kommen, einen Baum wegen der Gefahr herabfallender Äste zu fällen,“ schreibt Prof. Dr. Jörg Schmidt  in einem sehr treffenden Leserbrief zum Thema Rheindammsanierung. Juristisch kennt er sich bestens aus: Er wirkte jahrzehntelang am Verwaltungsgerichtshof (VGH) Baden-Württemberg (BW), zuletzt als Vizepräsident.


Bekanntlich hat das Regierungspräsidiums (RP) Karlsruhe genau das vor: Weil die Einsatzkräfte im Fall eines Hochwassers bei der Dammverteidigung von herabfallenden Ästen oder umstürzenden Bäumen bedroht seien, will die Behörde vorsorglich den Damm komplett kahlschlagen und noch dazu breite baumfreie Zonen schaffen. Um die Gefahr zu unterstreichen, schwören die Planer zudem ein unwahrscheinliches Katastrophenszenario herauf: ein lang anhaltendes Hochwasser und zugleich einen schweren Sturm.


VGH entkräftet „Totschlagargument“ der Planer

Wie mehrfach berichtet, ist bei einer statisch wirksamen Spundwand jedoch keine Dammverteidigung erforderlich. Dies besagt die DIN 19712 „Flussdeiche“. Und dies erklärten im Klageverfahren um den geplanten Hochwasserpolder bei Rheinstetten sowohl der von der Klägerin Stadt Rheinstetten beauftragte als auch der vom VGH bestellte Sachverständige (siehe Newsletter vom 27.11.2023).


Denn eine selbsttragende, richtig bemessene Spundwand schützt sicher vor Hochwasser – wie wir alle wissen, weitaus sicherer als ein Erddeich. Der vorhandene Damm ist nur noch schmückendes Beiwerk. Selbst wenn zum Beispiel die Böschung abrutschen würde, wäre dies also kein Problem.


Dieser Einschätzung der Sachverständigen folgt der VGH BW in seinen Urteilen zum Hochwasserschutzprojekt des RP Karlsruhe bei Rheinstetten. So führt er in der Urteilsbegründung zur Klage der Stadt Rheinstetten ebenso wie zur Klage der dortigen Bürgerinitiative aus:


„Angesichts der Darlegungen der Sachverständigen liegt es jedoch nicht von vorneherein auf der Hand, dass im Nachgang etwa zu einem Abrutschen der Dammböschung zeitkritische Sanierungsmaßnahmen erforderlich werden könnten, da diese im hier vorgesehenen Modell einer angeböschten Spundwand keine eigenständige Hochwasserschutzfunktion erfüllt.”


Sprich: Auch nach Auffassung des Gerichts müssen die Einsatzkräfte der Feuerwehr oder des THW bei einer angeböschten (das heißt, in den Damm eingebrachten statisch wirksamen) Spundwand mögliche Schäden am Damm nicht sofort beheben. Sie können damit warten, bis das Hochwasser und der Sturm zurückgegangen sind, ohne dem Risiko umstürzender Bäume ausgesetzt zu sein. Damit hat der VGH auch das letzte Argument des RP Karlsruhe für die Baumfällungen entkräftet.


Überarbeitung der Pläne „kann länger dauern“

Weil das RP die Alternative einer statisch selbsttragenden Spundwand bei seinen Planungen nicht ausreichend geprüft hat, muss es jetzt wie berichtet nachbessern: in Rheinstetten infolge der VGH-Urteile, in Mannheim nach Aufforderung durch die Stadt Mannheim.


Man fasst es nicht: Anscheinend wollen die Planer aber auch bei der Spundwandlösung so vorgehen wie beim Bau eines Erddeichs. So sehen sie – widersinnig und entgegen Theorie und Praxis – selbst bei dieser Variante die „Möglichkeit der Dammverteidigung als zwingend notwendig an“. Dies bestätigte uns am 22.03.2024 einer der Projektleiter in Bezug auf den Rheindamm Mannheim schriftlich. Auf unsere Nachfrage, ob das RP dann auch weiterhin die Abholzungen aller Bäume auf dem Damm sowie baumfreie Zonen entlang des Damms für erforderlich halte, hat die Behörde nicht mehr reagiert.


Bis das RP Karlsruhe einen überarbeiteten Plan vorlegen wird, kann es nach Angaben der Stadt Mannheim noch länger dauern. Wir haben keine Eile. Hauptsache, die Landesbehörde sieht nach der nun vorliegenden Urteilsbegründung des VGH endlich von den unsäglichen Massenabholzungen ab. 


Herzliche Grüße


Sabine Jinschek  Michael Detmer

Initiative Waldpark Mannheim e.V.


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