Liebe Freundinnen und Freunde des Waldparks,
im neunten Jahr der Kahlschlag-Planung beauftragt das Regierungspräsidium (RP) Karlsruhe jetzt tatsächlich einen Baumgutachter. Er soll prüfen, welche Bäume bei einer Spundwandlösung erhalten werden können. Warum das noch kein Anlass zum Aufatmen ist, erfahren Sie im Folgenden.
Zudem kommentieren wir die weiteren längst fälligen Untersuchungen, die das RP laut seiner jüngsten Pressemitteilung nun durchführt beziehungsweise veranlasst.
Heute sollte es mit den tieferen Bohrungen am Damm losgehen. Hierfür wurden Ende Oktober rund 20 Stellen markiert. Die letzten Bohrarbeiten finden voraussichtlich im April 2025 statt.
Bohrpunkt am Mannheimer Rheindamm
Derzeit untersucht das RP die Variante einer durchgehenden statisch wirksamen Spundwand (wir berichteten). Hierbei will die Behörde insbesondere ermitteln:
Deshalb sind unter anderem die zusätzlichen Bodenerkundungen erforderlich.
Dass das Land Baden-Württemberg (BW) als Vorhabenträger endlich die erwiesenermaßen sinnvollere Sanierungsmethode prüfen lässt, ist natürlich positiv. Aber es ist noch kein Grund zum Jubeln. Entscheidend ist, ob diese Alternative letztlich realisiert wird. Bislang wollte das Umweltministerium BW ja offenbar tunlichst vermeiden, mit einer Spundwandlösung in Mannheim einen Präzedenzfall im Land zu schaffen.
Ebenso ist es erfreulich, dass die Projektleiter in Karlsruhe nun ergänzend zur technischen Planung einen Baumgutachter hinzuziehen. Doch damit ist der weitgehende Baumerhalt nicht gesichert. Denn welche Bäume bei einer durchgehenden selbsttragenden Spundwand am Schluss gerodet und welche bewahrt werden, hängt von mehreren Faktoren ab:
Und es spielt eine wesentliche Rolle, ob das RP daran festhält, die Bäume auf und am Rheindamm müssten weg, weil sie im Ernstfall auf Einsatzkräfte stürzen könnten. In der aktuellen Pressemitteilung spricht das RP nicht mehr von der Notwendigkeit einer Deichverteidigung – ein großer Fortschritt! Allerdings heißt es, es sei „auch zu prüfen, inwieweit die Wasserwehr der Stadt Mannheim den Damm im Hochwasserfall kontrollieren und sichern kann“.
Fakt ist: Bei einer Spundwand müssen Einsatzkräfte nicht sofort den Damm begehen und sichern. (Mehr dazu im Newsletter vom 03.05.2024 unter „VGH entkräftet „Totschlagargument“ der Planer“.) Denn die Spundwand als statisches Ersatzsystem schützt eigenständig vor Hochwasser, selbst wenn die Böschungen weggespült werden.
Ablösen können sich Erdteile von einem Damm beispielsweise, wenn dieser von einem Extremhochwasser überströmt wird, der Wasserstand also höher ist als der Erddamm.
Umso erstaunlicher ist, dass das RP erst jetzt mit Hilfe eines hydraulischen Modells die mögliche Höhe des Rheinwasserstands bei einem Extremhochwasser – also bei einem Überströmen des Damms – berechnet. Dies hätte bereits bei der bisherigen Erddamm-Planung erfolgen sollen, zumal nur Erddämme versagen. Eine statisch wirksame Spundwand weist dagegen eine sehr hohe Widerstandsfähigkeit auf. Sie gilt als überströmungssicher.
Zudem soll laut Projektleiter Teege – über die vorhandenen Hochwassergefahrenkarten hinaus – ermittelt werden, wie hoch das Wasser im Fall einer Spundwandlösung bei einem Extremereignis auf der Landseite stehen könnte.
Anlass zur Panik besteht nicht: Mehrere Faktoren sprechen aus unserer Sicht dafür, dass eine Hochwasserkatastrophe in Mannheim eher unwahrscheinlich ist (siehe dazu Newsletter vom 08.06.2024).
Neben den hydraulischen Berechnungen erstellt das RP ein Grundwassermodell. Der Deichexperte Dr. Ronald Haselsteiner legt dem RP in seinem Fachgutachten zur Rheindammsanierung nahe, beide Untersuchungen durchzuführen, „um die Verfahrenssicherheit des Projektes gewährleisten zu können“.
Es ist wichtig, die Bewegungen des Wassers im Untergrund zu kennen – insbesondere für die Bemessung, wie tief die Spundwand in den Baugrund eingebracht werden kann. Denn ein solches Bauwerk darf die Grundwasserströme nicht stören beziehungsweise die bestehende Situation nicht verschlechtern. Ebenso wenig ein neuer Erddamm.
Bei keiner Sanierungsalternative ist das Phänomen zu lösen, dass bei Hochwasser Druckwasser zutage tritt. Das Grundwasser drückt hinter dem Rheindamm vor allem in Kellern, in den Kleingärten und Sportanlagen nach oben. Die Druckwasserproblematik wird durch die Dammertüchtigung nicht verändert, heißt es in den Fragen und Antworten des RP.
Auch eine durchgehende statisch wirksame Spundwand beeinträchtigt den Grundwasserstrom grundsätzlich nicht. Denn zum einen lassen sich die einzelnen Spundwandbohlen gestaffelt mit unterschiedlicher Tiefe in den Untergrund einbauen. Zum anderen können sie mit Schlitzen versehen werden. Haselsteiner brachte es bei der Präsentation seines Fachgutachtens 2022 im Ausschuss des Mannheimer Gemeinderats so auf den Punkt: „Es wird aber auch nicht besser. Die Keller bleiben unter Wasser.“
Wir sind gespannt auf die Ergebnisse der Bohrungen und der Simulationen. Bis diese veröffentlicht werden, wird es allerdings noch lange dauern. Nachdem sich die Bohrungen bis ins Frühjahr 2025 ziehen, ist mit einer Offenlage der überarbeiteten Planungsunterlagen wohl frühestens Ende des nächsten Jahres zu rechnen, wenn überhaupt. Das RP hat angekündigt, über weitere wichtige Etappen der Planung zu berichten. Wir halten Sie dazu auf dem Laufenden.
Herzliche Grüße
Sabine Jinschek Michael Detmer
Initiative Waldpark Mannheim e.V.