Baumallee auf dem Rheindamm Mannheim, Höhe Schwarzwaldstraße: Bei einer Spundwand in der Mitte des Damms könnten voraussichtlich die meisten Bäume erhalten werden.
Liebe Freundinnen und Freunde des Waldparks,
der Baumgutachter steht fest. Laut Regierungspräsidium (RP) Karlsruhe ist er bereits tätig. Er soll den möglichen Baumerhalt beim Einbau einer Spundwand prüfen. Das klingt erst einmal vielversprechend.
Doch zugleich – wir würden gerne Erfreulicheres berichten – spricht das RP immer noch von einem Deichverteidigungsweg. Was absurd ist und bleibt: Wie das Wort schon sagt, ein Deich muss verteidigt werden. Eine Spundwand nicht.
Einen breiten Weg auf der Dammkrone zu errichten, auf dem 30-Tonner fahren können, um eine stabile, überströmungssichere Schutzwand aus Stahl mit Sandsäcken zu verteidigen – dieser Plan des RP macht fassungslos. Zumal einem solchen Weg unzählige kostbare Baumriesen sinnlos zum Opfer fallen würden. Außerdem wäre es eine völlig überzogene Sicherheitsmaßnahme. Überspitzt gesagt, so ungefähr wie eine Parkbank mit Airbag.
Baumschonende Dammsanierung auf der Parkinsel Ludwigshafen: Die Anordnung der Spundwand kann je nach Erfordernissen und Randbedingungen flexibel festgelegt werden.
Für das Baumgutachten hat das RP – in Abstimmung mit dem Umweltamt Mannheim – Sascha Jillich beauftragt. Unterstützt wird der Forstwirt und Forstagrarwirt für Baumpflege von seinem Kollegen aus dem Sachverständigenbüro Urban Tree Consulting, Daniel Esche.
Das Gutachten soll Aufschluss darüber geben, welche Bäume bei einer Spundwandlösung stehen bleiben können und welche gekappt oder gerodet werden müssen. „Der Baumgutachter wird sich hierzu mit dem Planungsteam austauschen und Vorschläge einbringen sowie bei der Abwägung von Alternativen beraten“, heißt es in der aktuellen Pressemitteilung des RP. So soll er wohl auch aufzeigen, wie die Spundwand gesetzt werden könnte, damit möglichst viele Bäume geschützt werden.
Denn eine Spundwand kann, mit ausreichendem Abstand, an den Bäumen vorbei flexibel geführt werden, damit das Wurzelwerk und die Baumkrone wenig oder keinen Schaden nehmen. Sie muss also nicht schnurgerade verlaufen. Ein gutes Praxisbeispiel dafür ist die baumschonende Dammsanierung auf der Parkinsel Ludwigshafen.
Für den Baumerhalt ist es außerdem entscheidend, wo die Spundwand eingebracht wird: in der Mitte, auf der dem Wasser oder auf der dem Land zugewandten Seite des Damms. Grundsätzlich ist alles möglich. In der Regel wird die Lage je nach geotechnischen Gegebenheiten und der Wassersituation, besonders auch den Strömungsverhältnissen am Damm, gewählt.
Um Baumalleen auf Deichen oder Dämmen zu erhalten, werden die Spundbohlen häufig in der Mitte angeordnet, so Ronald Haselsteiner in seinem 2022 für die Stadt Mannheim erstellten Fachgutachten. Christian Schmidt empfiehlt in seiner Machbarkeitsstudie zur Rheindammsanierung in Mannheim aus 2019 eine durchgängige, möglichst mittige Spundwand in allen Dammabschnitten.
Laut Haselsteiner lässt sich eine Spundwand aber auch auf der Landseite einbauen. Das sei zum Beispiel denkbar, wenn Bäume und Sträucher auf der Wasserseite erhalten werden sollen, wie bei den Dammabschnitten auf Höhe der Kleingärten und der Schwarzwaldstraße.
Der Einbau auf der Wasserseite hat vor allem den Vorteil, dass der bestehende Damm und der Weg auf dem Damm geschützt werden, selbst wenn das Hochwasser fast die Dammkrone erreicht. Ein weiterer Aspekt ist, dass in diesem Fall „zusätzlich Fläche auf der Krone geschaffen wird, um weitere Nutzungen zu ermöglichen oder einfach die Krone zu verbreitern“, führt Haselsteiner in seinem Gutachten weiter aus.
Die wasserseitige Platzierung ist daher auch die vom RP Karlsruhe favorisierte Position. Insbesondere auch deshalb, weil die Behörde eben einen Deichverteidigungsweg anlegen will.
Warum die Planer unseren Rheindamm auch bei einer stabilen Spundwand noch verteidigen wollen, wissen wir nicht. Wie RP-Projektleiter Jens Teege in einem Interview kürzlich selbst sagte, würde diese auch stehenbleiben, wenn der Damm bereits weggespült wäre. „Damit würde es keine Welle und keinen Bruch mehr geben“, wird er in der Rheinpfalz und Rhein-Neckar-Zeitung zitiert (wir berichteten).
Das Bestreben, höchste Sicherheit für die Bevölkerung zu schaffen, kann es nicht sein. Wäre dies das Ziel der Projektverantwortlichen, hätten sie nicht jahrelang die Erdbauvariante mit einem möglichen Dammbruch favorisiert. Auch nicht das starre Handeln nach Vorschriften, das die Behördenvertreter von Anfang an den Tag legten. Da eine statisch wirksame Spundwand sicher und resilient ist, also auch bei einer Überströmung nicht versagt, sieht kein einziges Regelwerk eine Spundwandverteidigung vor.
Fazit: Die Einschätzung des Baumsachverständigen ist wichtig, keine Frage. Maßgeblich ist aber, wie sein Auftrag konkret lautet – und inwieweit das RP den Erkenntnissen Beachtung schenkt. Und ob es nach wie vor uneinsichtig an unzutreffenden Planungsgrundsätzen festhält, insbesondere an dem nicht erforderlichen Deichverteidigungsweg.
Wenn Jillich nur die Bäume ermitteln soll, die bei einer Spundwand in Verbindung mit einem – breiten, von schweren Lkws befahrbaren – Deichverteidigungsweg bewahrt werden können, sind die Möglichkeiten des Baumerhalts von vornherein eingeschränkt. Ob er auch die Variante mit einem herkömmlichen Verkehrs- und Betriebsweg prüfen soll (der völlig ausreichen würde), ist uns nicht bekannt.
Jedenfalls sind wir auf das Baumgutachten sehr gespannt. Wie es auf der Website von Urban Tree Consulting heißt, legen die Sachverständigen „größten Wert auf die Nachvollziehbarkeit, Unabhängigkeit, Fachlichkeit und Rechtssicherheit unserer Gutachten“. Die Lektüre könnte sogar amüsant sein. „Meine Gutachten haben, so scheint es, auch einen hohen Unterhaltungswert, denn mir wurde schon zugetragen, dass sie sogar über die Weihnachtsfeiertage gelesen werden“, sagte Jillich in einem Interview.
Dass es bis Weihnachten (2026!) dauert, bis das Baumgutachten und die weiteren ergänzenden Planungsunterlagen veröffentlicht werden, ist durchaus realistisch. Schon allein die zusätzlichen Grundwasseruntersuchungen am Damm, die das RP jetzt angekündigt hat, sollen teils bis Herbst 2025 laufen. Weitere Einzelheiten dazu finden Sie in der Pressemitteilung der Behörde vom 06.02.2025.
Herzliche Grüße
Sabine Jinschek Michael Detmer
Initiative Waldpark Mannheim e.V.
Anmerkung: In der ursprünglichen Fassung des Newsletters hieß es Verkehrs- und Vertriebsweg statt Verkehrs- und Betriebsweg. Außerdem fehlte im Namen des Baumgutachters Sascha Jillich ein Buchstabe. Wir haben dies korrigiert.