Liebe Freundinnen und Freunde des Waldparks,
zum Jahreswechsel gibt es einen Hoffnungsschimmer. Im Rechtsstreit um den Hochwasserschutz bei Rheinstetten hat das Gericht die Argumentation der Stadt und der Bürgerinitiative in einem für uns in Mannheim relevanten Aspekt bestätigt: Beim Thema „Hochwasserschutzwand statt Erddamm“ hat es den beiden Klägerinnen Recht gegeben.
Der Planfeststellungsbeschluss – sprich: die Baugenehmigung – zum Polder bei Rheinstetten ist rechtswidrig und nicht vollziehbar. So lautet der Tenor der Urteile des Verwaltungsgerichtshofs (VGH) Baden-Württemberg vom 01.12.2023 zu den Klagen der Stadt Rheinstetten und der „Bürgerinitiative Paminaraum“ (wir berichteten). Die ausführlichen Urteilsbegründungen liegen zwar weiterhin nicht vor. Doch hat das Gericht jetzt bekannt gegeben, welche Rechtsfehler es festgestellt hat (siehe Pressemitteilung vom 27.12.2023).
Unter anderem sieht der VGH Mängel in der Prüfung der Alternativen zur Sanierung des Rheindamms bei Rheinstetten. So hat das Regierungspräsidium (RP) Karlsruhe – ähnlich wie bei seinen Planungen des Projekts in Mannheim – die von der Öffentlichkeit seit langem favorisierte Spundwand-Variante unzureichend berücksichtigt. Obwohl diese „zumutbare“ Alternative einen besseren Natur- und Artenschutz ermöglicht, haben die Planer sie frühzeitig verworfen.
Weiterhin aktuell und sehr lesenswert ist dazu das Interview des Mannheimer Morgen „Alternativen nicht ausreichend in den Blick genommen“ mit dem Anwalt André Horenburg, der unsere Initiative Waldpark zusammen mit Dr. Roda Verheyen vertritt – laut Spiegel Deutschlands bekannteste Umweltrechtsanwältin.
Hochwasserdamm in Rheinstetten (Foto: Werner Reinkunz)
Die vom VGH festgestellten Mängel muss das RP nun in einem ergänzenden Planungsverfahren korrigieren. Vielleicht trägt das aktuelle Urteil dazu bei, dass die Behörde die Planungen zum Mannheimer Rheindamm ebenfalls anpasst und hier eine statisch wirksame Spundwand vorsieht.
Trotzdem wären Tausende Bäume im Waldpark nicht zwangsläufig gerettet. Denn bekanntlich will das RP die Bäume abholzen, um die Dammverteidigung sicherzustellen – und zwar auch für den Fall, dass „der Damm bei Extremhochwasser über Wochen durchnässt ist, ein starker Sturm herrscht und mit schwerem Gerät darauf gefahren wird“, heißt es im Plan. Die Dammverteidigung werde durch umstürzende Bäume, die den Dammverteidigungsweg blockieren oder Einsatzkräfte gefährden, deutlich erschwert oder unmöglich, so das RP.
Auch jetzt vor dem VGH beharrten die Planer darauf, dass selbst seine Hochwasserschutzwand im Extremfall verteidigt werden müsse – was jedoch weder nach DIN oder nach anderen Regelwerken noch den gerichtlich bestellten Sachverständigen zufolge notwendig ist.
Nur Erdbaudämme erfordern eine Deichverteidigung. Dies machen derzeit die aufgeweichten und gebrochenen Deiche in Mittel- und Norddeutschland mehr als deutlich.
Besonders eindrücklich zeigten sich die enormen Schwächen von Erddeichen im ostfriesischen Leer: „Wie ein Pudding“ beschrieb ein Sprecher der Feuerwehr einen der hiesigen Deiche. Ein weiterer Deich in diesem Landkreis war auf einer Länge von rund 500 Metern so durchweicht, dass er nur noch mit Hilfe einer Menschenkette von rund 600 Einsatzkräften durch Sandsäcke stabilisiert werden konnte. Er ist ein Paradebeispiel dafür, dass ein stark durchfeuchteter Deich (oder Damm) ebenso wenig wie das belastete Deichhinterland überhaupt nicht mehr mit schwerem Gerät befahren werden kann und darf.
Warum das RP angesichts solcher Praxisbeispiele dennoch stur argumentiert, der Dammverteidigungsweg müsse auch bei Extremhochwasser durchgängig mit Schwerlastern befahrbar sein, ist einfach nicht nachvollziehbar. Aber es verdeutlicht einmal mehr, dass wir uns – trotz des grundsätzlich für uns positiven VGH-Urteils – nach wie vor gegebenenfalls auf eine Klage einstellen müssen.
Doch jetzt ist erst einmal ein bisschen Zeit zum Durchatmen. Wir wünschen einen guten Start ins neue Jahr, Gesundheit und Zuversicht. Und freuen uns auch weiterhin über Eure Unterstützung.
Herzliche Grüße
Sabine Jinschek Michael Detmer
Initiative Waldpark Mannheim e.V.