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Newsletter vom 04.07.2023

4. Juli 2023

Kahlschlag trotz Spundwand – das unrealistische Katastrophenszenario des RP

Liebe Freundinnen und Freunde des Waldparks,


es gibt beunruhigende Neuigkeiten: Auch im Fall einer Spundwandlösung hält das Regierungspräsidium (RP) Karlsruhe an der Rodung aller Bäume auf dem Damm fest. Und die Stadt Mannheim könnte sich darauf einlassen. Das haben wir aus zuverlässigen Quellen erfahren.


Dieses Mal heißt es: für den Katastrophenfall. Die Argumentation ist weiterhin absurd. Denn von Bäumen erschlagene Rettungskräfte gibt es nach unseren Recherchen in Deutschland nicht und wird es hoffentlich nie geben. Traurige Realität sind stattdessen Tausende Hitzetote jährlich. Tendenz steigend – erst recht, wenn immer mehr Bäume vernichtet werden.


Gegen alle Vernunft und völlig unverhältnismäßig

Bislang begründete das RP Karlsruhe den geplanten Kahlschlag damit, dass es einen baumfreien Deichverteidigungsweg geben müsse. Schon dieses Argument war nicht stichhaltig: Denn nur Erddämme erfordern eine Deichverteidigung, weil sie zum Beispiel unterspült, weggespült werden oder brechen können – eine statisch selbsttragende Spundwand dagegen nicht.

 

Das geht schon aus den technischen Regeln hervor, auf die sich das RP bei seinen Planungen stützt. Der langjährig erfahrene Deichexperte Dr. Ronald Haselsteiner erklärt in seinem Fachgutachten für die Stadt Mannheim sehr fundiert, warum bei einer statisch wirksamen Spundwand eine Deichverteidigung nicht erforderlich ist.


Nun fällt den Karlsruher Beamten wohl nicht Besseres mehr ein, als das folgende Katastrophenszenario heraufzubeschwören:


1.     Ein Extremhochwasser ereignet sich – also höher als das statistisch alle 200 Jahre auftretende Hochwasser, für das der geplante Damm ausgelegt ist.

2.     Zusätzlich kommt ein Orkan auf.

3.     Gleichzeitig befinden sich Einsatzkräfte auf dem Damm.

4.     Genau in dem Augenblick der Begehung oder Befahrung des Damms stürzen Bäume auf die Rettungskräfte.


Für dieses Szenario soll es nach unserem aktuellen Kenntnisstand eine sehr breite, mit Schwerlastern befahrbare Straße auf der Dammkrone geben, für die nach wie vor alle Bäume auf dem Damm weichen müssten – und damit weiterhin auch die wertvollen Baumalleen auf Höhe der Schwarzwaldstraße und der Kleingärten.


Ein Kahlschlag in diesem Ausmaß für ein solch unrealistisches Katastrophenszenario ist gegen alle Vernunft – und völlig unverhältnismäßig. Es gibt keine absolute Sicherheit. Ganz abgesehen davon, könnten Feuerwehr und Technisches Hilfswerk in dem höchst unwahrscheinlichen Fall einer Überströmung des rund vier Kilometer langen Damms den dann notwendigen Katastrophenschutz mit ihren üblichen Transportfahrzeugen gar nicht leisten. Die Bundeswehr müsste mit Hubschraubern zum Einsatz kommen.


Das Risiko umstürzender Bäume lässt sich durch eine regelmäßige Baumpflege und -kontrolle weitgehend minimieren. So hat das Land beziehungsweise die Stadt Mannheim (je nach Dammabschnitt) im Rahmen der Verkehrssicherungspflicht ohnehin dafür Sorge zu tragen, dass von den Bäumen auf dem Damm keine Gefahr ausgeht – und das nicht nur für Rettungskräfte in einem sehr unwahrscheinlichen Katastrophenfall, sondern für alle Menschen, die dort an 365 Tagen im Jahr Spazieren gehen, joggen oder Fahrrad fahren.



Ohne Bäume noch mehr Hitze – und noch mehr Hitzetote

Real sind stattdessen immer mehr Hitzetote, was Der Spiegel vom 26. Juni 2023 eindrücklich beschreibt: „Es gibt ungefähr 35 Arten, an Hitze zu sterben“, lautet der Titel eines lesenswerten Beitrags.


Besonders für Risikogruppen, wie Ältere, Vorerkrankte, Kinder, steigt die Gesundheitsbelastung durch Hitze deutlich an. Extreme Hitze und andauernde Hitzeperioden sind erwiesenermaßen maßgebliche Risikofaktoren für die Gesundheit und auch für die Sterblichkeit. So wurden 2018 bis 2020 in Deutschland fast 20.000 Hitzetote gezählt. Aber auch jüngeren und gesunden Menschen machen anhaltend hohe Temperaturen zu schaffen.


Deshalb können wir es nicht oft genug wiederholen: Mannheim liegt in der wärmsten Region Deutschlands. Unsere Stadt, die heißeste deutsche Großstadt mit den durchschnittlich meisten Hitzetagen, würde durch die Massenabholzung noch heißer werden als prognostiziert. Unsere Stadtverwaltung hat einen Hitzeaktionsplan erstellt, der unter anderem kühle Orte ausweist. Entscheidend ist es jedoch, Bäume, Wälder, Grünflächen als überlebenswichtige kühle Orte zu erhalten.


Der künftige Mannheimer OB muss sich gegen das Land stellen

Daher appellieren wir an den künftigen Oberbürgermeister: Lassen Sie sich auf die widersinnige Argumentation des Landes beziehungsweise des RP Karlsruhe nicht ein! Lassen Sie nicht zu, dass Tausende Bäume in Mannheim als Schattenspender und natürliche Klimaanlagen für immer verloren gehen!


Die Kernfrage lautet aktuell: Welcher OB-Kandidat hat den Mut, sich gegen das Land zu stellen? Darauf wird es bei der Rheindammsanierung letztlich ankommen. Das war auch die Botschaft unserer Sprühaktion am Wochenende. Also schaut Euch die Videos von unseren Interviews mit Thorsten Riehle und Christian Specht (nochmals) an, bevor Ihr am nächsten Sonntag – hoffentlich – zur Wahl geht!


Herzliche Grüße


Sabine Jinschek    Michael Detmer

Initiative Waldpark Mannheim e.V.

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